Am 04.05. habe ich mal wieder an einem Webinar über Long Covid teilgenommen, um auch immer auf dem neusten Wissensstand der Schulmedizin zu bleiben.
Die Redner/innen kamen aus der Uniklinik Köln und Jena. In Köln wurde schon, während des Höhepunktes der 1.Welle im April 2020 eine Genesenen-Sprechstunde eingeführt. Man bemerkte schnell die Notwendigkeit eine Anlaufstelle für Patient/innen, die eine Covid-Infektion definitiv durchlebt hatten, schaffen zu müssen. Die Infektion musste länger als 6 Wochen her sein und ein Covid-Nachweis musste erbracht werden, um dort vorstellig werden zu dürften.
Ungefähr 1000 Menschen besuchten diese Sprechstunde und so konnte gleich eine Kohorte gebildet werden. Es wurden unter anderem Antikörper bestimmt und Merkmale des Syndroms erörtert. Viele der Betroffenen hatten nach durchgemachter Infektion im Februar oder März weiterhin Beschwerden.
Schon im September des gleichen Jahres wurde eine Post-Covid Ambulanz in Köln geöffnet.
Von vielen bestehenden Symptomen waren drei am häufigsten anzutreffen, die Anosmie (der Geruchsverlust), die Fatigue (Müdigkeit) und die Dyspnoe (Kurzatmigkeit).
Durch die früh gebildete so genannte COVIM Kohorte konnte man feststellen, dass die geschlechtliche Verteilung in etwa gleich war (leichter Überhang des weiblichen Geschlechtes). Des Weiteren wurde herausgefunden, dass circa ein Viertel der Betroffenen mit Vorerkrankungen behaftet waren. Im Krankenhaus mussten weniger als 3% behandelt werden.
Des Weiteren kristallisierten sich drei Risikofaktoren für die Ausbildung des Post-Covid Syndroms heraus:
- Ein niedriger Wert der IgG (ein Antikörper vom Typ Immunglobulin-G zu späteren Immunantwort nach dem Erstkontakt)
- Die Anosmie (Verlust des Riechens)
- Diarrhoe (Durchfall)
Die Diarrhoe als ein Risikofaktor für Post-Covid war mir nicht bewusst, doch wenn man an die Anwesenheit vieler ACE-Rezeptoren im Magen/Darm-Trakt denkt, die das Corona Virus als Eintrittspforte in den menschlichen Körper nutzt, überrascht es nicht.
Die WHO definiert im Oktober 2021 das Post-Covid-19 Syndrom:
Sie unterscheidet weiter bestehende Symptome der Covid-Erkrankung von 4 bis zu 12 Wochen, von dem POST-COVID-19 Syndrom, bei dem neue Symptome nach oder während einer Infektion für mehr als 12 Wochen bestehen, die nicht durch andere Diagnosen zu erklären sind.
Das Problem dieser Definition besteht noch im Fehlen nachweisbarer Biomarker, oder einer aussagekräftigen Bildgebung.
Man unterscheidet drei unterschiedliche Varianten:
- Das Post –Intensive-Care Syndrome mit typischerweise ähnlichen Folgen, wie z.B. bleibende neurologische Ausfälle nach langem Intensivaufenthalt.
- Die Post-viral-chronic fatigue, mit extremer Müdigkeit.
- Das Post-traumatic stress disorder mit Angststörung durch eine extrem belastende Situation hervorgerufen.
Zum Pathomechanismus (wie kommt es zum Post-Covid):
Man geht davon aus, dass sich das Virus in allen Organen die ACE-Rezeptoren besitzen, festsetzen kann (Viruspersistenz), dass eine dauerhaft erhöhte Entzündungsreaktion bestehen bleibt, die sich nicht erholt, und das die Toleranz den eigenen Immunabwehrzellen gegenüber, vermindert ist.
Untersuchungsergebnisse:
- Ein Zusammenhang zwischen der häufig vorkommenden Fatigue und der Schwere der Covid-erkrankung konnte NICHT festgestellt werden.
- Eine Impfung reduziert das Risiko ein Post-Covid Syndrom zu entwickeln.
- Der Verlauf eines Post-Covid Syndroms scheint durch eine Impfung positiv beeinflusst zu werden.
Behandlungsansätze bestehen unter anderem aus Bereichen, wie der Physio-und Ergotherapie, oder z.B. der Logopädie.
In der Uniklinik Köln wird bei der Behandlung Fokus auf interdisziplinäre Zusammenarbeit gelegt, da die Betroffenen viele unterschiedliche körperlich, geistig und/oder seelische Probleme mitbringen. Die Covid-Ambulanz arbeitet dort eng mit den unterschiedlichsten Fachbereichen zusammen. Das kann die HNO, die Ergo-/Physiotherapie, die Pyschosomatik, die Kardiologie, Neurologie oder Pulmologie zum Beispiel sein. Die Ambulanz ist in diesem Fall das Drehkreuz und vereint alle Disziplinen.
Schade, dass hier die Osteopathie nicht erwähnt wird. Ich denke die Osteopathie ist eine Erwähnung wert, denn sie ist eine ganzheitliche Therapieform, die den gesamten Menschen wahrnimmt und schon immer alle Bereiche des Lebens in die Therapie mit einbezieht. Die Osteopathie kann dem System helfen wieder seinen eigenen Rhythmus zu finden, bzw. ihm Wege aufweisen, die eigenen Heilungskräfte wieder in Gang zu setzen.
Ich möchte Patient/innen mit Post- oder Long-Covid Syndrom dazu einladen, mit mir zusammen diese neuen Wege zu entdecken.